Nicht ohne Grund sind vielen Ausdauersportlern Begriffe wie Unterarmstütz, Käfer oder Superman bekannt – allgemeines Athletiktraining ist genauso wichtig wie ein lockerer Grundlagenlauf oder die Schwellenintervalle am Rad.

Doch wie sieht es mit Ganzkörperübungen wie Kniebeugen, Kreuzheben oder Rudern mit Zusatzgewichten aus? Genau dieser Frage gehen wir heute auf den Grund.

Krafttraining mit hohen Lasten – Ja oder Nein?

Wie so oft wenn es um Training geht, liefert uns die Sportwissenschaft auch hier keine eindeutige Antwort oder Lösung. Dennoch gibt es viele Anzeichen und Hinweise, dass ein Krafttraining mit hohen Lasten auch für Ausdauersportler einen hohen Nutzen haben kann.

So kann es durch ein kombiniertes Kraft- und Ausdauertraining, auch Concurrent Training genannt, zu Verbesserungen der Bewegungsökonomie, der Wettkampfleistungen sowie der Schwellenleistungen kommen. Besonders interessant für viele Ausdauersportler ist, dass ein kombiniertes Kraft- und Ausdauertraining die Leistungsfähigkeit im vorermüdeten Zustand zu erhöhen scheint. Negative Auswirkungen auf die Ausdauerleistungsfähigkeit wurden in keiner der uns bekannten Studien nachgewiesen!

Krafttraining ist nicht gleich Krafttraining – wie soll dieses Training also aufgebaut sein, um sich positiv auf die Leistungen von Ausdauersportlern auszuwirken?

Die Übungsauswahl

Im Gegensatz zu reinen Kraftsportlern sind für uns Ausdauersathleten bereits wenige Übungen ausreichend um einen positiven Effekt erzielen zu können – gängige Empfehlungen sprechen von 2 bis 4 Übungen pro Krafteinheit. Wichtig ist, dass die ausgewählten Übungen jene Muskelgruppen ansprechen, die wir in unseren Hauptsportarten beanspruchen.

Beispielübungen für Triathleten, Radsportler oder Läufer:

KniebeugenAusfallschritteKreuzheben
Hip ThrustsWaden hebenLat-Zug
BankdrückenSchulterdrückenVorgebeugtes Rudern

Periodisierung

Vorbereitungsperiode

Generelle Empfehlungen sprechen von 1 bis 3 Krafteinheiten pro Woche während der Vorbereitungsperiode. Die tatsächliche Anzahl an Einheiten variiert natürlich stark und hängt vom Leistungsniveau und dem Zeitbudget des individuellen Athleten ab.

Bevor mit dem eigentlichen Krafttraining gestartet wird, bedarf es einer 4 bis 8-wöchigen Eingewöhnungsphase. Während dieser Phase sollte das individuelle physische Belastungslimit keinesfalls erreicht werden. Trainiert wird mit geringen Lasten (30 bis 70 % des 1-RM*) im Wiederholungsbereich zwischen 8 und 10 WH. Von jeder Übung sollten 2 bis 3 Sätze mit einer Satzpause von 2 und 3 Minuten absolviert werden. Die Technik steht hier klar im Fokus!

Nach der Eingewöhnungsphase startet das eigentliche Krafttrainng – auch „heavy resistance training“ genannt. Die Lasten werden dabei kontinuierlich auf >80 % des 1-RM gesteigert – die Wiederholungszahlen sinken auf 2 bis 6 WH. In dieser Phase sollten zwischen 3 und 5 Sätze pro Übung mit einer Satzpause von 2 bis 3 Minuten absolviert werden. Zusätzlich wird eine explosive Ausführung während der konzentrischen Phase der Übungen empfohlen (Ausnahme: Kreuzheben). Diese Form des Krafttrainings sollte mindestens 6 bis 8 Wochen durchgeführt werden, um die bestmöglichen Leistungsfortschritte zu erzielen.

Wettkampfperiode

Mit dem Anstieg der Intensität im Ausdauertraining muss das Krafttraining natürlich an diese „neuen“ Umstände angepasst werden – man spricht in diesem Zusammenhang von „maintenance training“. Während dieser Erhaltungsphase bleiben die Übungen sowie die Wiederholungszahlen und die Intensität unverändert im Vergleich zur Vorbereitungsperiode. Lediglich die Satzzahl sowie die Trainingshäufigkeit reduzieren sich auf 1 bis 3 Sätze pro Übung und eine Krafteinheit alle 7 bis 10 Tage. Studien zeigen, dass die Kraftanpassungen damit über die Wettkampfsaison hinweg erhalten bleiben können.

Allgemeine Empfehlungen

Neben der Steuerung des Krafttrainings gibt es natürlich noch wesentlich mehr Aspekte denen während einer solchen Concurrent Training-Phase Beachtung geschenkt werden sollte.

Als Ausdauersportler gilt: Die höchste Priorität hat immer das Ausdauertraining! Im Zweifelsfall kommt somit immer das Ausdauertraining zuerst. Zwischen einer Kraft- und Ausdauereinheit (und vice versa) sollten mindestens 6 bis 8 h Pause liegen, besser wären 12 bis 24 h. Nur so können sowohl Kraft- als auch Ausdaueranpassungen gewährleistet werden.

Während einer solchen Trainingsphase soll eine ausgegliche Kalorienbilanz angestrebt werden – d.h. Gewichtsreduktion kann in dieser Phase zu einem Verlust von Anpassungen und somit zu einem Leistungsverlust führen! Zusätzlich wird, vor allem nach intensiven Ausdauereinheiten als auch nach dem Kraftraining, eine aureichende Zufuhr von Kohlenhydraten und Einweiß empfohlen – die Aminosäure Leucin scheint in diesem Zusammenhang eine außerordentlich wichtige Rolle zu spielen.

Abschließende Worte…

Orientiert man sich am aktuellen Forschungsstand, so kann ein Krafttraining mit hohen Lasten wichtige und sinnvolle Anpassungen auslösen um die Leistungsfähigkeit von Ausdauersportlern zu erhöhen. Wie bei so vielem gibt es aber auch bei dieser Thematik nicht nur schwarz oder weiß.

Klar ist, dass es einer genauen und gezielten Steuerung der Kraftinhalte sowie einer professionellen Periodisierung im Jahresverlauf bedarf, um das mögliche Potential eines Krafttrainings auszunutzen.

PS: Die positiven Effekte eines Krafttraining aus verletzungsprophylaktischer Sicht haben wir hier (bewusst) komplett ignoriert – diese spielen beim „Ja oder Nein?“ natürlich ebenso eine wichtige Rolle wie die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit!

* 1-RM – Einer-Wiederholungs-Maximum

Für alle besonders Interessierten verlinken wir hier einen Teil der Quellen: